Sunday, November 9, 2008

Israel: Grösster Uhrenraub geklärt

Zwischen eckigen Klammern stehen Passagen, die keinen Platz in der Zeitung fanden.

Sonntag Mittellandzeitung
9. November 2008 Seite 22

Israel: Grösster Uhrenraub geklärt

Ein Ganove erbeutete vor 25 Jahren teure Stücke, darunter Nicolas Hayeks Lieblingsticker

Swatch-Gründer Nicolas Hayek hatte nicht mehr damit gerechnet, dass seine Lieblingsuhr wieder auftaucht. Jetzt ist sie wohlbehalten zurück – in einem Museum in Jerusalem.


von Shraga Elam


Es geschah im Jahr 1983: Aus dem «L.A. Meyer Museum of Islamic Art» in Jerusalem wurden unter mysteriösen Umständen 100 wertvolle Uhren gestohlen. Darunter befand sich auch die Lieblingsuhr von Swatch-Gründer Nicolas Hayek, ein Modell mit dem Namen «Marie Antoinette», das vom legendären Neuenburger Uhrmacher Abraham-Louis Breguet gemacht wurde und das heute einen Schätzwert von über 30 Millionen US-Dollar hat. Aus Angst, das Prachtstück würde für immer verschollen bleiben, liess Hayek die Uhr im Jahr 2005 mit grossem Aufwand nachbauen.
Mehr als 20 Jahre lang jagten die israelische Polizei, Privatdetektive, Interpol und der israelische Geheimdienst Mossad die Diebe. Die Fahnder hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben, sie zu finden. Doch im August 2006 kam die Wende im wohl grössten Uhrenraub der Welt: Ein Antiquitätenhändler aus Tel Aviv meldete dem Islamischen Kunstmuseum, er habe einen Teil der vermissten Uhren gefunden.

Eine Anwältin habe mit ihm Kontakt aufgenommen und ihn beauftragt, einige Uhren zu schätzen. Der Experte hatte das Diebesgut erkannt und das Museum benachrichtigt. Die Polizei wurde aussen vor gelassen: Das Museum verhandelte mit der Anwältin, zahlte für 39 Uhren 150 000 Dollar. Erst als der Deal perfekt war, informierte es die Polizei.

Die nahm sofort ihre Ermittlungen auf. Und fand heraus, dass die Besitzerin der Uhren niemand anders war als Nili Schomrat, die Witwe des in Israel als genialen Einbrecher bekannten Na'aman Diller, der 2004 an Krebs gestorben war. Bei einer Dursuchung von Schomrats Haus in Los Angeles wurden wertvolle gestohlene Gegenstände entdeckt und Dokumente konfisziert. Sie führten zu Konten und Safes in mehreren Ländern. In Holland gab es den grössten Fahndungserfolg: Die Marie-Antoinette-Uhr wurde gefunden – allerdings berichtete zunächst niemand darüber. Die Polizei hatte eine Nachrichtensperre verhängt. Sie befürchtete, dass Medienberichte die Suche nach den anderen Uhren erschweren würde. [Am 21.11.2007 durfte die Zeitung Ha’aretz jedoch melden, dass 40 Uhren, darunter auch die «Marie Antoinette», gefunden worden waren. Diese Meldung vergrösserte nur das Mysterium um den Einbruch.]

Hinter den Kulissen aber gab sich die Polizei medienfreundlicher: Ein Team der investigativen Sendung «Uvda» (Fakt) des Zweiten israelischen TV-Kanals durfte die Untersuchungen begleiten. Die Uvda-Leute interviewten auch den Journalisten Danny Rubinstein, der die Geschichte von Na'aman Diller seit Jahren verfolgt. Rubinstein hielt sich nicht an die Nachrichtsperre und veröffentlichte am 29. Oktober dieses Jahres in der Wirtschaftszeitung «Calcalist» die Enthüllung über Diller und den Uhrenraub als eigene Leistung. Der spektakuläre Raub war nun auch öffentlich geklärt – ebenso wie die Frage, warum die Polizei den Einbrecherkönig Na'aman Diller nicht vorher schnappte.

[Der 1939 in einem Kibbutz geborene Diller fiel in dieser egalitären Gesellschaft schon als Kind auf. Er wurde als Schwächling und Aussenseiter gehänselt, und als er später prestigeträchtiger Pilotanwärter wurde, wollte er es allen zeigen: Mit einer Übungsmaschine flog Diller während seiner Ausbildung ganz tief über seinen Kibbutz. Ein Mitglied dieser Gemeinschaft, das ebenfalls bei der Luftwaffe war, reichte Beschwerde ein und Diller flog aus dem Kurs. Danach begann sein Niedergang. Im Kibbutz wurde er bei Diebstählen erwischt, was zu seinem Rausschmiss aus der Siedlung führte.]

Erstmals in Erscheinung trat der Meisterganove im Oktober 1967. Damals brach er in den Tresorraum einer Bank in Tel Aviv ein. Nachdem er sich den Weg in die Bank freigemacht hatte, ging [der Sauberkeitsfanatiker] Diller nach Hause, um sich zu duschen – und kam dann zurück, um die Safes auszuräumen und die Beute nach Hause zu bringen. Danach kehrte er noch einmal zurück in die Bank, machte aber zuviel Lärm – und wurde erwischt.

[Ein psychiatrisches Gutachten attestierte Diller einen IQ von über 130, jedoch begleitet von Schizophrenie. Nur Dank seiner hohen Intelligenz sei es ihm möglich, Kontakt mit der Realität zu behalten, meinte der Psychiater. Diller soll sich gemäss dem Gutachter minderwertig und verstossen gefühlt haben; seine Fähigkeit, die Polizei zu überlisten sei ihm deshalb eine Genugtuung gewesen.

Nach gut geplanten anderen Einbrüchen und mehrjährigen Gefängnisaufenthalten übersiedelte Diller 1976 nach Holland. Er wurde aber bei einem Einbruch in Amsterdam erwischt und eingebuchtet. Später versuchte er sein Glück in Schweden. 1980 kam er zurück nach Israel, wo er jedoch bei einem erneuten Bankeinbruch scheiterte und ein Jahr in Gefängnis musste.]


In der Nacht vom 15. April 1983 gelang Na'aman Diller sein grösster Coup. Über einen Lüftungsschacht drang er ins islamische Kunstmuseum in Jerusalem ein. Dies war möglich, weil Diller dünn und die Alarmanlage kaputt war. Gewieft wie er war, montierte Diller ein Mikrofon, um zu hören, ob der Wächter komme. Dieser schlief aber fest. Diller arbeitete gezielt und nahm sich nur die allerteuersten Uhren aus der Sammlung.

Obwohl die Methode des Einbruchs seine Handschrift trug, strich die Polizei Diller aus der Verdächtigenliste. Der ehemalige Kibbutznik hatte sie mit einem gefälschten Eintrag in seinem Pass davon überzeugt, dass er zur Zeit des Einbruchs im Ausland gewesen sei. Ein weiterer Hinweis auf Diller kam 1988 aus der Schweiz. Hier wurde er verhaftet, weil er im Besitz eines gefälschten Passes und von Uhren war, die, wie die Schweizer Polizei vermutete, gestohlen waren. Doch auch dies führte die israelische Polizei nicht auf Dillers Spur.

Erst nach seinem Tod konnte Na’aman Diller überführt werden. Schuld daran ist seine Witwe, die von dem Einbruch gewusst hatte und der der Meisterdieb genaue Anweisungen hinterlassen hatte, wie sie mit dem Diebesgut umzugehen hatte. Doch diese Anweisungen hat Dillers Witwe offenbar nicht genau befolgt – und die Polizei so auf die Spur ihres Mannes gebracht.

Noch immer haben die Fahnder nicht alle der 100 in Tel Aviv gestohlenen Uhren gefunden. Diller beschäftigt sie auch nach seinem Tod – zumal in seinen Dokumenten eine Sammlung von Zeitungsartikeln über ungelöste Kriminalfälle gefunden wurde. Die israelische Polizei vermutet nun, dass Diller eventuell auch hinter diesen stecken könnte.

Hat Frank Lowy Olmert bestochen?

Sonntag / MLZ; 09.11.2008; Seite 26
Wirtschaft

Datenklau betrifft Genfer Bank

US-Senator Carl Levin hat vertrauliche Kundendaten von Schweizer Bankkonto

von Shraga Elam

Der amerikanische Senator Carl Levin landete diesen Sommer einen Coup. Am Hearing über Steuerflucht, das vor allem den Fall UBS beleuchtete, outete er den zweitreichsten Australier, den jüdischen Milliardär Frank Lowy, als Kunden der Liechtensteiner Bank Liechtenstein Global Trust (LGT). Was bisher niemand wusste: Offenbar ist es ihm damit auch gelungen, das Schweizer Bankgeheimnis zu durchbrechen.
Die Daten über Lowy hat dem streitbaren Senator indirekt der ehemalige IT-Mann der LGT, Heinrich Kieber, geliefert. Der hat vor Jahresfrist umfangreiches gestohlenes Datenmaterial für Millionen an den deutschen Geheimdienst verkauft – und die Deutschen haben Levin bedient.
Die Amerikaner interessierten sich für Lowy, weil sein Sohn Peter US-Bürger ist. So wurde auch sein Vater Gegenstand der Senat-Untersuchung. Offenbar kamen die Amerikaner über diesen Umweg auch zu Schweizer Kontonummern. Die Liechtensteiner Dokumente führten den US-Senat-Untersuchungsausschuss zu einem Konto der Bank Jacob Safra in Genf. Eines der Dokumente beweist, dass das Liechtensteiner LGT-Konto im Dezember 2001 liquidiert wurde und 68 Millionen Dollar zur Bank Safra in Genf transferiert wurden.
Safra war erst kurz zuvor gegründet worden. Gemäss der israelischen Wirtschaftszeitung «Globes» wollte man bei Safra mehrheitlich jüdische Grosskunden anziehen. Als Freund Joseph Safras, des Besitzers der Bank, wurde Lowy dessen Kunde. Kurz danach wollte Lowy von Safra die First International Bank of Israel (FIBI) übernehmen.
Die israelische Aufsichtsbehörde verhinderte den Deal jedoch. 2005 versuchten Safra und Lowy gemeinsam, den Anteil des israelischen Staates an der Bank Leumi zu kaufen. Obwohl die beiden das Angebot später zurücknahmen, beschäftigt die israelische Justiz bis heute der Verdacht, dass Premier Ehud Olmert, der damals als Finanzminister amtierte, seinem Freund Lowy bei der Übernahme zu helfen versuchte. Angeblich ging es auch um Parteispenden. Lowy bestreitet jedoch, dass er je für Olmert gespendet habe.
Gegenüber dem US-Senat behauptete Lowy, er habe die Konten in Liechtenstein und später in der Schweiz nur für seine Wohltätigkeitsprojekte in Israel benutzt. Er beteuerte weiter, dass es sich dabei nicht um Schwarzgelder handle. Lowy spendet tatsächlich sehr grosszügig in Israel. Alleine der Universität Tel Aviv schenkte er 6,6 Millionen Dollar. Eine legale Spendenaktivität, so stellte der US-Senat fest, rechtfertige aber nicht die Verschleierungsmanöver, die die LGT-Dokumente ans Licht brachten. Am 1. Oktober berichtete die «New York Times», dass das Schweizer Bundesamt für Justiz (BJ) sich im Fall von amerikanischen UBS-Klienten sehr kooperativ zeige und Kundeninformationen liefere. Es werden in diesem Zusammenhang auch Kunden, die von Kieber aufgedeckt wurden, erwähnt.
Obwohl das BJ nicht kommentieren will, ob auch Lowy oder die Bank Safra im US-Amtshilfeersuchen vorkommen, rechnen Personen im Umfeld der Bank, dass über kurz oder lang auch Lowys Akten an die USA ausgeliefert werden. Und auch eine Rechtshilfe an Israel wird nicht ausgeschlossen, da der Verdacht der Bestechung ausländischer Amtsträger über Lowys Schweizer Konto besteht.