Tuesday, August 15, 2017

Schulung von Schweizer Tourismus-Angestellten zum respektvollen Umgang mit jüdischen Ultraorthodoxen!


Das anticharedische* Plakat im Apartmenthaus Paradies in Arosa GR erweckte zu Recht Empörung und Entsetzen. Ziel der Kritik müsste jedoch in erster Linie nicht nur die unbedarfte Frau Ruth Thomann aus Arosa, sondern die Schweizer Tourismus-Organisationen. Denn schon ab den 1980-er Jahren gab es in Arosa und anderen Kurorten ähnliche Vorfälle, wogegen man damals sofort Massnahmen hätte ergreifen müssen.
Gleichzeitig ist zu monieren, dass das Einstimmen von Tzippi Chotobeli**, der stellvertretenden israelischen Aussenministerin, sowie der israelischen Medien in den Chor der Entrüstung als heuchlerisch zu geisseln ist. Denn auch Israel kennt Rassismus in übler Form. Beispielsweise kam es schon vor, dass PalästinenserInnen in Badeanstalten diskriminiert wurden. Zudem sind auch ultraorthodoxe Juden im Land mehrheitlich unbeliebt. Oft sind die Charedim den judeophoben Äusserungen von vermeintlichen Liberalen ausgesetzt.




Israel Hayom





















Seit Jahren schätzen ultraorthodoxe Juden (Charedim) die Schweizer Bergregionen als Urlaubsziel. Aber wie in Zürich, als auch in Israel selbst, begegnen die Charedim leider oft Vorurteilen und wecken Aggressionen.

Eine Umfrage im Auftrag des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes vom Dezember 1984 zum «Image der Juden in Schweizer Kurorten» brachte in Arosa, Davos und St. Moritz Aussagen zutage wie «Die Juden sind nicht als Personen schlecht, aber ihre Art passt nicht hierher» oder «Die Juden vertreiben andere Touristen. In so ein Judenkaff geht doch niemand».

Entsprechend kam es über die Jahre zu diversen rassistischen Vorfällen, die von der Tourismusdirektion, z.B. von jener in Arosa, wiederholt als Einzelfälle verharmlost wurden und werden. So auch 1997, als ein Ferienhausverwalter in Arosa eine jüdische Familie aus London mit der Begründung abwies, er würde nicht an Juden vermieten.

Es wäre geheuchelt, würde negiert, dass der Umgang mit Charedim jeweils tatsächlich mit Problemen verbunden ist. Diese sind aber überwindbar, wenn von beiden Seiten guter Wille und Flexibilität gezeigt wird. Dabei spreche ich von meinen eigenen, durchwegs positiven Erfahrungen, beispielsweise in Bnei Braq, einer israelischen charedischen Ortschaft unweit Tel Aviv.

Im aktuellen Fall von Arosa ist es viel zu einfach, das Problem auf die schlecht informierte und mit Vorurteilen behaftete Ruth Thomman als Einzelfall zu reduzieren. Dies, obwohl sie zuständig für Vermietung und Ordnung im Haus und zudem auch noch in der wichtigen Funktion als Geschäftsführende des Vereins ArosaApartment amtiert.
 
Es ist durchaus denkbar, dass sie, trotz oder gerade wegen des Overkills an Berichten über die NS-Judenvergasung, keine Ahnung von diesem Verbrechen hat und schon gar nicht um die üble Assoziation ‚Juden und Duschen‘ weiss. Deshalb wohl auch ihre plumpen Formulierungen  (Hier Thomanns Stellungnahme gegenüber  dem israelischen TV-Sender ‚Kanal 10‘ am 14.7.2017).
Es geht um ein strukturelles Problem: Am 10. August 2017, also noch vor dieser Affäre, schrieb der Walliser Bote nämlich über vergleichbare Zustände im Saastal:
«Sie sind auffällig gekleidet, tragen Schläfenlocken und geben sich nach aussen hin zurückhaltend. Die jüdischen Gäste, die schon seit vielen Jahren jeweils im Sommer ins Saastal in die Ferien kommen, sorgen (immer noch) für geteilte Meinungen. Während sich einige Ferienwohnungsbesitzer die Hände reiben, sind die Juden nicht überall gern gesehen.
(…)

Obwohl sich viele Ferienwohnungsbesitzer und Geschäfte inzwischen auf die Eigenheiten der jüdischen Gäste eingestellt haben – in einigen Lebensmittelgeschäften gibt es mittlerweile sogar koschere Produkte zu kaufen –, sorgen die Juden mit ihrer auffälligen Kleidung und ihren Schläfenlocken mitunter für Argwohn. «Diese Leute wirken arrogant auf mich», sagt eine Touristin in Saas-Almagell und ein einheimischer Ferienwohnungsbesitzer, der nicht genannt werden will, vermietet keine Wohnungen mehr an jüdische Gäste. «Der Umgang mit diesen Leuten und ihre Extrawünsche sind nicht immer ganz einfach», begründet er seine Entscheidung.»


Gemäss Schweizer Medienberichten werden in Interlaken, wo das Interesse der Touristik-Branche an arabischen Gästen gross ist, die Mitarbeitenden geschult, mit diesen korrekt umzugehen. Ähnliche Kurse zum Umgang mit Charedim wären auch in Arosa und anderswo denkbar und erwünscht, und zwar auch im Interesse des Schweizer Tourismus. Es ist deshalb unverständlich, warum dies bis jetzt nicht der Fall war. Die sträfliche Unterlassung ist den hiesigen Touristik-Managern heftig anzukreiden. Zu hoffen ist, dass der momentane internationale Shit Storm gegen die Schweiz etwas bewegen wird.



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* Charedim (die Gottesfürchtigen) werden die jüdischen Ultraorthodoxen genannt (im Deutschen wird – ohne vernünftigen Grund – oft die englische Schreibweise ‚Haredim‘ verwendet).

** «Die stellvertretende Aussenministerin Tzipi Hotovely verurteilte die Plakate laut der «Jerusalem Post» als «antisemitischen Akt der übelsten Sorte». Sie veröffentlichte ein Statement, wonach ihr der Israelische Botschafter in der Schweiz versichert habe, die Affichen seien entfernt worden. Dennoch verlangte sie eine formelle Verurteilung durch die Schweizer Regierung.» https://www.nzz.ch/schweiz/antisemitismus-vorwurf-aroser-hotel-schickt-juden-zum-duschen-ld.1310828



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